Es gibt sie! Diese Tage. Sie kündigen sich meistens schon früh morgens an, unangenehm wie eine Baustelle neben dem Urlaubshotel. Man weiß, dass man nichts, aber auch gar nichts dagegen machen kann, jedenfalls jetzt nicht, und man weiß, dass je mehr man sich aufregt, es um so schlimmer wird.
An dem Punkt fächern sich solche Tage in unterschiedliche Richtungen auf. Einen Tag ergebe ich mich, "ach, ist doch egal", und schon höre ich den Lärm nicht mehr. Das kann sogar so weit gehen, dass ich mich bei Baustellen-Mittagspause verloren fühle. "Es ist so schrecklich still..." Das ärgert mich auch schon wieder, denn dieses hin und her, mal laut mal leise, macht mich bekloppt.
Eine andere Richtung braucht richtig Kampfgeist. Ich muss genügend Kraft haben, um zu stampfen statt zu laufen, ich brauche Energie, und zwar keine gute, und ich brauche ein Opfer. Vielleicht der kleine Reisebegleiter, blaß, obwohl er 3 mal im Monat in Touristen Hochburgen fährt, gestresst und immer am Handy. Ja, genau der. Der soll jetzt mal MIR zuhören. Wo ist der Kerl, wenn man ihn braucht? Nicht aufzufinden (eben doch ein Profi).
Hotelrezeption geht immer. Da muss man sich nur der Ausrutschgefahr bewusst sein, denn die Jungs sind geschult und man schlingert schnell mal über ihr aalglattes Lächeln.
Gut, dann eben der Kellner. Das Essen schmeckt sowieso nicht, er hat schon drei Mal den Wein vergessen aber ausgerechnet jetzt bringt er- wenn auch versehentlich- das herrlichste Pils, was ich mir vorstellen kann. Auch wieder nix.
Andere Richtung.
Ich schicke meinem Anwalt eine WhatsApp. Geht da was? Der schreibt zurück, immerhin, "schwierig!" Nee, nee, nee, so schnell gebe ich nicht auf! "Was meinen Sie damit?" keife ich (in nur vier Wörtern, aber das kommt rüber). Keine Antwort über die nächsten drei Stunden. Eben auch ein Kampf-Profi.
Zurück nach Hause.
Jetzt rege ich mich schon über Baulärm auf, der gar nicht existiert, denn ich sitze hier- zuhause- und versuche eine Party für übermorgen zu organisieren und mir wird klar, dass ich dazu nicht einen Funken Talent habe, dass ich dazu nicht ein Quäntchen Lust habe, dass ich wieder mal vergessen hatte, wie viel dumme Arbeit das macht.
2°.
Da kann ich den Teakholztisch abbauen, und wo soll ich denn jetzt die Getränke hintun?
Wieso ist es plötzlich so kalt. Gestern (naja) waren es doch noch 40°, wir haben alle geschwitzt, das Gras ist geschmolzen und die Gewässer ausgedörrt. Ich habe noch die Sommerkleidchen im Schrank hängen und frage mich, wer eigentlich letztes Jahr den Schrank auf Winter umgerüstet hat. War ich das? Und wenn schon, dieses Jahr habe ich keinen Bock. 2 T-Shirts übereinander muss reichen.
5 Uhr dunkel geht gar nicht! Ich bin doch keine Schwedin! Das Schlimme ist, dass ich dann schon ab 9 Uhr auf die Uhr schiele, wie lange bis zum Buch? Andrerseits sieht der Garten natürlich mega aus, wenn die zahmen Spotlights so ins Dunkle strahlen. Seltsame Formen ergeben sich da. Und es wird ruhig.
Ruhe. Wir sind beim Thema.
Ich spreche nämlich eigentlich weder über Baulärm, noch über die Temperatur, noch über die dusselige Party.Ich spreche über die verloren gegangene innere Ruhe.
Was tue ich, wenn ich so aus dem Zentrum gerate? Wenn der Alltag zur Kampfarena wird und ich unschuldige Mitmenschen aufs Korn nehme. Mich danach höchstwahrscheinlich schuldig fühle (und nicht mal besser) und am liebsten alles rückwärts laufen lassen würde.
Ich beschäftige mich seit langem mit diesem Thema. Was ist das eigentlich "innere Ruhe"?
Meditation? Yoga? Spazierengehen? Heilfasten? Schach spielen?
Ja, auch.
Aber im Wesentlichen ist es eine Beziehung.
Die Beziehung zu mir selber, die Beziehung, die ich zum großen Ganzen habe. Wie weit kann ich ich die Dinge und ihre Auswirkung emotional mitfühlen? Kann ich den Raum zwischen ihnen ausfüllen?
Wenn es mir gelingt eine Relation herzustellen, bescheiden zu bleiben und mir vor Augen zu halten, dass alle anderen genauso einzigartig sind wie ich, dass sie gleichwertig sind und dass sie wahrscheinlich dasselbe beschissene Hotel gebucht haben wie ich-- dann kommen wir der Sache näher.
Wenn ich diese Gedanken so sacken lasse, finde ich es gar ich mehr so schlimm, dass das schöne englische Porzelanklo leckt, dass ich den ganzen Tag den Tockner laufen hatte, um nasse Auffang- Handtücher zu trocknen, bis übermorgen endlich der Installateur kommt. Kurz vor knapp. Ich habe auch keinen blassen Schimmer, was ich tue, wenn er nicht kommt, wenn er die falschen Dichtungen dabei hat und mir erklärt, dass er leider jetzt in erst mal in Urlaub fährt.
Fast hätte ich ihm mein Hotel empfohlen, aber da kam der rettende Gedanke. Ich glaube einfach an die Intelligenz der Gruppe. Meine wunderbaren Gäste werden sich mit jeder Situation abfinden und eine Lösung finden.
Vielleicht kommt der ein oder andere im Workshop vorbei.
Kennt ihr auch solche Tage? Erzählt mir davon!
Bis dahin ganz herzliche Grüße,
Birgit
MOIN + ALLES LIEBE!!!