Liebe Blogfreunde,
ich habe vor kurzer Zeit meine Aquarellfarben aus der Schublade geholt, mir weitere von meiner Tochter geliehen und die vier freien Plätze im Farbenkasten werde ich bald genüßlich füllen.
Natürlich, ich könnte mich darauf einlassen zu berichten, wie alles zustande gekommen ist. Eine Inspiration, ein künstlerischer Impuls, die Suche nach geeignetem Material und "ready, steady, go...." Aber so war es ganz und gar nicht. Es war ein innerer Prozess.
Wanderbotschaften
Erst tauchte aus der Tiefe eine Erinnerung an meine alten Aquarelle auf. Ich habe nach ihnen gesucht und natürlich habe ich sie nicht gefunden! Ich bin eben kein guter Archivar, verschenke die meisten Sachen, die ich kreiire. Für mich sind es Wanderbotschaften. Ich freue mich, wenn sie anderen Freude machen und ich möchte nichts sammeln. Ich bin eben eine Nomadin.
Dann habe ich erst einmal die Deckelpalette gereinigt. Neue Pinsel mussten auch sein, denn– wie meine Schnitzmesser– sind auch meine Pinsel beim Umzug verloren gegangen. Seltsam...
Ich habe über meine Erwartung an meine kleinen Werke nachgedacht und gefunden, dass sie keinem Ehrgeiz unterworfen sind. Es geht eher um ein Weichstellen meines Geistes, es geht darum, eine kleine Distanz zwischen mir und meinen Gedanken zu schaffen.
Der ruhige, innere Raum
Wenn ich in dieser Weise aus der Unmittelbarkeit herausrücken kann, öffnet sich ein sehr ruhiger, innerer Raum. Von hier aus betrachtet verlieren die Gedanken ihren Druck, ihre Schwere und ich habe die Möglichkeit, sie angst- und wertfrei einzuordnen.
Dieser noch so kleine innere Raum ist sehr bedeutungsvoll. Er schenkt uns innere Freiheit und er ermöglicht uns, jedes Geschehen proportional zu betrachten. Wir lassen uns von hier aus nicht so leicht in Turbulenzen hineinziehen. Ich glaube, dieses ist die Lehre dieser Zeit:
Wir dürfen Veränderungen mit mehr Gelassenheit begegnen und sie erst einmal in Ruhe bestaunen, bevor wir uns – vielleicht voreilig – in Position bringen. Jede Zeit war und ist Veränderungen unterlegen; unsere Zeit ist zudem ultraschnell. Es ist ein wilder Ritt, aber wir werden lernen, uns darauf einzulassen. Wie immer. Wie schon so oft.
Wir entwickeln innere Räume, um zu überprüfen, ob all die aufpeitschenden Meldungen wirklich, wirklich wichtig sind. Wir überprüfen, ob sie in Einklang mit unserer innerer Stimme sind. Dieser kleine Moment ist oft alles entscheidend über unser Wohlbefinden. Wie oft im Leben haben wir diesen Moment schon übergangen, um ihn später – oft zu spät – mit "hätte ich doch..." zu quittieren?
Sturm
Als ich kürzlich aus dem Fenster meines Büros den Sturm herbeirasen sah, die Birken in bedrohlicher Schräglage, da habe ich auf (irgendeinem) Umschlag diese Energie gemalt.
Ich teile diesen Moment mit euch. Ich habe meiner ersten Angst, die Bäume könnten auf meine gerade erst bezogene Hütte fallen und sie zerstören, Farbe und Form gegeben. Und wieder habe ich dasselbe beobachtet:
Ich habe mich sofort beruhigt, habe sogar das Gefühl gehabt, ich könnte das energetische Feld positiv beeinflussen, als ich den Pinsel im Wasserglas gewirbelt habe. Es war, als hätte sich die Zeit zur Wahrnehmung von allem was gerade ist, verlangsamt.
Krieg
Was ich mit euch teilen möchte, ist die Möglichkeit der Entzerrung. Dieser freie Raum, der um dich herum entstehen kann, diese Pufferzone, wird dir Orientierung und Standfestigkeit schenken. Wenn du dich nur wenige Minuten einer kreativem Beschäftgung widmest, einen Satz schreibst, eine Idee in dein Journal einträgst, einen Briefumschlag bemalst, Blumen gießt oder einen Topflappen häkelst- dieses absichtlose Erschaffen, ist Urlaub für deinen Geist.
Jetzt erleben wir einen Krieg. Wir sind fassungslos in Anbetracht seiner Sinnlosigkeit, in Anbetracht all der Lügen, die um ihn verbreitet werden, wir sind wütend über die selbsterklärte Allmacht eines einzelnen Mannes. Aber bist du auch stolz auf all diejenigen, die gerade die Ruhe bewahren?
Das innere Nein
Ich habe Vertrauen in unseren Schulterschluß. Ich habe Vertrauen in unsere Besonnenheit und ich weiß, dass der Kosmos das Seinige dazu tun wird. Heute male ich nicht, heute schreibe ich an euch. Ich spüre meinen Atem und den Raum, den ich für uns freiräumen kann.
Ich möchte euch eine Technik aus dem I-Ging mitgeben, die uns bei Plötzlichkeiten und in aufregenden Sitautionen helfen wird. Ich spreche von einem dreifach gesprochenen inneren Nein.
Lege deine Hand auf dein Herz, nimm ein paar ruhige Atemzüge, ohne den Atem zu beeinflussen. Mache dir klar, dass du "geatmet wirst." Es gibt uns ein Gefühl der Sicherheit und des versorgt Seins.
Jetzt sprich zu der Angelegenheit, die dich belastet, nah oder fern, ein stummes, aber inniges, inneres "Nein". Drei Mal. Beobachte, was geschieht. In deinem Inneren und im Aussen. Nimm wahr, dass auf jeden Fall "etwas" geschehen ist, auch wenn es etwas Kleines ist.
Ich grüße euch herzlich und freue mich, wenn ihr kommentiert, wie es euch in diesen Tagen geht.
Bleibt gelassen,
Birgit
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