Die holde Kunst des Nichtstuns

Liebe Leser und Freunde meines Blogs,
Da ich mich für dem Monat Januar eigentlich ausgestempelt habe, um einfach mal nichts zu tun, um neuen Ideen die Möglichkeit zu geben, sich zu zeigen-- schreibe ich kurz diesen Blog.
Nee, nee, nicht weil ich es nicht lassen kann, sondern weil das Thema so ins Schwarze trifft:
Niksen. Was mal absolut verpönt war und auf holländisch niksen hieß, ist jetzt Volltrend.
Was meint niksen?
Augen zu und durch? Nein.
Meine Katze muss ins Bett? Kalt.
Ich hänge ab? Warm.
Ich tue absolut gar nichts, ich mach mir keinen Kopf, ich bewege mich keinen Millimeter, ich meditiere nicht und ich denk an nix. Nicht mal Netflix. Was weiß ich denn, wo mein Handy ist... Heiß, heiß. heiß.
Niksen. Nichts tun. Niederländisch.
Früher gerne für den Berufszweig "Gammler" benutzt.
Ich mach das ja auch gerade. Einen ganzen Monat lang. Ich tue nur das, was mir Spaß macht, lese Unmengen an "How to..." Büchern, lese mich durch die Kollektion von Herman Hesse (das hab ich nämlich damals – als man HH las – überhaupt nicht verstanden. Jetzt geht´s, und wenn ich´s mal nicht verstehe, dann nikse ich einfach weiter).
Ich war heute morgen schon- mir niks dir niks- einkaufen, hab lakonisch die Schultern gehoben, als ich im Biosupergesund-Markt angepampt wurde, weil ich nach einem Produkt gefragt habe. Morgenstund wollte ich, das ist doch ganz normal, oder?
Aber hey...
Mal im Ernst. Da passieren gerade wunderlich Dinge.
Da haben uns Lockdown I und II so richtig durchgerüttelt, uns in Angst und Schrecken versetzt, die Welt konnte man vor seinem geistigen Auge schon im Meer versinken sehen und dann kommt die kluge Menschheit schon wieder mit einer Lösung...! Home Office hat nämlich so seine Vorteile, wenn man erst mal verstanden hat, wie es funktioniert, das mit der Selbstausbeutung, das mit den störenden Ehegatten, den Kindern und den Nachbarn. Dauernd am PC. Zoom, zoom, Bienchen zoom herum...
Und da lese ich in einem Online Marketing Journal, dass die Firmen Schwierigkeiten haben, ihre High Potentials wieder einzusammeln. Die liegen in der Jogging Buchs auf dem Sofa, oben rum vielleicht mal ein Hemd für ne kurze Konferenz. Ansonsten macht sich die Frage breit, warum rennen wir eigentlich dauernd? Für was? Und schlimmer: für wen? Das sind mal Fragen!
Da stellen die Youngster fest, dass es möglicherweise viel besser ist, weniger zu verdienen, weniger eingebunden zu sein, schon gar nicht selbst-und-ständig, nee- niksen heißt die Parole.
Da kommt chillen lange nicht dran.
Niksen ist radikal. So gesehen ist auch schon wieder schwer. Versuch mal, 3 Minuten ohne an etwas zu denken in eine Kerze zu gucken. Guck mal aus dem Fenster, ohne dass du es aufreißt und denjenigen anschreist, der gerade dein Auto zur Seite schiebt, damit er auch noch reinpasst.
Du bist ohne Handy. Ohne Buch. Ohne Kalender und ohne Ziel. Niiiicht einfach.
Trotzdem. Ich glaube, das ist eine gute Sache. Wenn du dir mal die Menge an Input, die dich täglich so erreicht, als Wasser vorstellst, dann sind wir annähernd bei den Niagara Fällen. Oder? Wenn du dir die Menge deiner – schränken wir es ein – unnötigen Gedanken als Wolken vorstellst, dann scheint wahrscheinlich in den nächste 20 Jahren nie mehr die Sonne.
Wenn du dir vorstellst, wie weit du kommen würdest, wenn du all die geschäftlich gefahrenen Kilometer mal aneinanderreihen würdest. Du kämest bis ...Istanbul? Ich hab gerade mal zum Spaß "Kathmandu" bei Google Maps eingeben, da kam "geringes Verkehrsaufkommen". Glaub ich, glaub ich sofort!
Ich finde, wir sollten das lernen, dieses niksen. Still auf einem klapprigen Stuhl sitzen, die Augäpfel weit in den Kopf kullern lassen, Teechen, träumen. Ich stell mir das vor wie Frühlingserwachen. Es ist still, es ist vielleicht auch irgendwie grau und monoton, aber plötzlich kommen aus den Hirnwindungen gute Ideen. Kleine Sprößlinge. Nicht nur kleine Lösungen, sondern das "andere". Das, was du dich nie getraut hast zu denken, was aus deinem Leben hätte werden könnte. Wooow, das ist Potenzial.
Man muss es ja nicht zu 100% umsetzen, aber die allgemeine Richtung wär schon gut und wahrscheinlich auch gut genug. Wir sind ja keine Gammler mehr, aber etwas mehr Freiheit, etwas weniger Angst, etwas weniger Druck, etwas mehr Sinn, etwas mehr Gemeinsamkeit.
Das wollte ich euch heute sagen.
Seid gegrüßt und gehabt euch wohl!
Birgit
Photo by Erik-Jan Leusink on Unsplash
Danke Birgit für den sooo tollen Text - habe letzte Nacht Schneeflocken genikst.